Kleines Wörterbuch vom Historischen Freischießen

 

Der Aktive Major ist verantwortlich für den reibungslosen Ablauf der militärischen Vorführungen. Er leitet und organisiert die Übungen für die Offiziere und Mannschaften.


Die Bataillonskapelle ist der Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr. Sie begleitet die Festzüge, Exerzitien und das Fahnenschwenken. Außerdem begleitet sie die Schützenscheiben zum Schießstand und anschließend zum Schützenkönig und zum Volkskönig.


Das Fahnenschwenken hat eine lange Tradition und wird in festgelegten Formen durchgeführt. Mit dem Schwenken der Fahnen vor den Häusern Wennigser Bürger spricht die Truppe den Wennigsern ihren Dank aus, die mit ihren großzügigen Spenden zur Kriegskasse beigetragen haben.


Drei Garden bilden die Kompanien beim Historischen Freischießen, die Garde „Weiß“, Garde „Jäger“ und Garde „Grenadiere“. Sie tragen als Uniform eine weiße Hose, dunkles Jackett und Mütze. Hose und Mütze sind mit Bändern in den Wennigser Ortsfarben paspeliert. Garde-Weiß hat rot, die Grenadiere gelb und die Jäger grün.


Die Hack ist die Regimentskantine. Hier werden von den eingezahlten Festbeiträgen Getränke beschafft und während des Festes kostenlos an die Truppe abgegeben. Ihre Entstehung verdankt die Hack einem Unwetter. Bei einem der älteren überlieferten Feste wurden die Zelte durch einen starken Sturm umgeworfen. Der damalige Festwirt wollte deswegen das Fest nicht fortsetzen und auch keine Getränke mehr ausschenken. Die Festteilnehmer versammelten sich daraufhin im Saal des Festwirtes. Als sie auch dort keine Getränke erhielten, gründeten sie die sogenannte „Hack“, eine Einrichtung, die bis heute beibehalten wurde. Früher durfte hier nur dunkles Bier und Schnaps ausgeschenkt werden. Zwei Posten unter Gewehr halten am Eingang Wache, dass kein Unbefugter sich dort „sattrinken“ kann.


Der Kommandierende General ist der ranghöchste Offizier beim Historischen Freischießen. Darüber hinaus ist er der organisatorische Leiter des Festes, gewissermaßen der Geschäftsführer, von der Vorbereitung mit dem Einholen der entsprechenden Genehmigungen bis zur finanziellen Abrechnung nach Ende des Festes.


Beim Historischen Freischießen gibt es eine ganze Reihe von festgelegten Kommandos für die Truppe. Die häufigsten Kommandos sind:

1.)

Bataillon hört auf mein Kommando. Offiziere bitte den Degen ziehen.

2.)

Bataillon stillgestanden.  - Richt Euch. - Augen geradeaus. - Das Gewehr über. - Gewehr ab. - Rührt Euch.

3.)

Bataillon stillgestanden. - Das Gewehr über. - Points vor. - Das erste Glied richt Euch. - Zur Meldung an die Majestät präsentiert das Gewehr.

4.)

Das Gewehr über. - Das erste auf das zweite Glied aufgeschlossen marsch. - Gewehr ab. - Rührt Euch.

5.)

Das Gewehr über. - Achtung zum Schwenken präsentiert das Gewehr. - Gewehr über. - Gewehr ab. - Rührt Euch.


Der Landsturm ist das Rückgrat des Historischen Freischießens. Er wird von den Wennigser Bürgern gebildet, die nicht aktiv am Historischen Freischießen teilnehmen, sich aber dennoch für die gesamte Dauer des Festes durch Zahlung des Festbeitrages verpflichten. Der Landsturm ist die vierte und bei weitem größte Abteilung beim Ausmarsch durch die Straßen des Ortes am Sonntag und marschiert in Zivil mit einer Blume am Spazierstock. Der Landsturm trifft sich rechtzeitig vor Beginn des Festzuges im Bataillonsgefechtsstand zur Verpflichtung und um sich im gemütlichen Beisammensein angemessen auf den bevorstehenden Gewaltmarsch vorzubereiten.

 
Etwa sechs Wochen vor dem Fest „ward dat Frischeiten los emaket“.  Bei diesem Losmachen, dem offiziellen Beginn der Festvorbereitungen, ruft der Schützenkönig die Bürger des Ortes zur Bildung der Schützengesellschaft zusammen. Hierbei wird zunächst das Offizierskorps gebildet. Die Offiziere stellen dann die Kompanien auf. Früher fand das Losmachen an der Argestorfer Spitze im Wald statt und war mit einem Ausflug für die ganze Familie verbunden. Da aber die Sonntage, an denen losgemacht wurde, oft verregnet waren, ging man dazu über, im Calenberger Hof zu tagen. Dazu traf man sich zunächst am Schützenhaus und ging dann über Hauptstraße und Bahnhofstraße zum Calenberger Hof. Damit wurde die Bevölkerung zugleich darauf aufmerksam gemacht, dass es wieder losging.


Das Musik-Festmachen der Pferde ist eine Tradition, die erst in den 60er Jahren entstanden ist, als in zunehmendem Maße Reitpferde beim Freischießen eingesetzt wurden. Die bis dahin gerittenen Ackerpferde der Bauern waren nicht so empfindlich und durch keine Bataillonskapelle der Welt aus der Ruhe zu bringen. Zum Musikfest-Machen werden alle Berittenen und die Kutschenfahrer mit ihren Kutschengästen in Zivil zum Reitplatz an der Argestorfer Straße gebeten. Dort stellt sich dann die Bataillonskapelle auf und spielt. An der Kapelle wird dann mehrere Male vorbeigeritten oder gefahren, bis die Pferde sich an die Musik gewöhnt haben und ruhig gehen.


Den Kern des Offizierskorps bilden die Stabsoffiziere und ihre Adjutanten. Sie tragen die prächtigsten Uniformen und nehmen traditionell zu Pferde am Ausmarsch teil, wobei jeder Offizier heute selbst für die Beschaffung eines Pferdes zuständig ist. Neulinge müssen ganz klein als eine der unteren Chargen anfangen und sich langsam hochdienen, denn jeder Offizier behält seinen Rang, es sei denn, er tritt freiwillig ab.


Vor und nach jedem Ausmarsch werden Paraden abgehalten. Die Paraden im Anschluss an den Ausmarsch finden auf der Festwiese statt. Am letzten Tag, dem Dienstag, wird die Parade durch einen Säbelritt der Offiziere an den Kompanien vorbei als Ehrenbezeugung gegenüber den Kompanien abgeschlossen.


Der Platzmajor im auffallenden Clownskostüm geht an der Spitze des Festzuges. Er kümmert sich darum, dass Platz ist auf den Straßen und der Festzug ungehindert marschieren kann. Früher hatte er an Stelle der Polizei außerdem für die allgemeine Ordnung zu sorgen. Außerdem ist er der Spaßmacher beim Fest. Sein Handwerkszeug ist die Patsche, die Schweinsblase, oder auch das Blitzholz mit Klapper, alles „Züchtigungsmittel“, die nicht weh tun. Der schwere Posten des Spaßmachers bringt aber auch etwas ein: Durch das Abbürsten der „staubigen“ Kleidung bei den Festteilnehmern und beim Rundgang durch den Ort fällt so mancher Euro ab, der dann der Regimentskasse zugute kommt.


Die Schaffer, traditionell ein verheirateter und ein unverheirateter Mann, haben in der Hauptsache die Finanzen zu verwalten. Sie sammeln in den Wochen vor dem Fest Spenden zur Finanzierung bei den Wennigser Bürger und anderen Förderern des Festes. Ihnen zur Seite stehen die Schaffermädchen oder Ehrendamen. Deren Aufgabe ist die Instandhaltung der Uniformen und die Einladung zum Fest bei den Einwohnern.


Der eigentlich letzte Tag des Festes ist der Mittwoch. Hier findet das „Schinkenkloppen“ statt, bei dem nach all den Anstrengungen der Tage aber nur starke und trinkfeste Männer in der Lage sind, mitzumachen. Den Vorsitz bei dieser Zeremonie, die traditionell beim Volkskönig stattfindet hat der sogenannte Prügelmeister. Er fragt jeden Einzelnen: „Willst Du Schläge haben, freiwillig bezahlen oder erschossen werden?“ Bei der Ausübung seines Amtes wird dann folgender Vers gesprochen: „Wei spannen drei Hasen vor einen Plerg se tügen nich alle ter läike ter. hoppsa - hoppsa - hoppsa.“ Die Antwort des Geschlagenen lautet: „Prost Herr Prügelmeister“. Ist der Delinquent mit den Prügeln einverstanden gewesen, bekommt er zum Trost einen großen Schnaps, ein Glas Bier und einen Harzkäse.


Das Geld, dass beim Schinkenkloppen eingenommen wird, dient der Finanzierung des sogenannten „Schinkenklopperballs“. Er findet traditionell in der Ballsaison vor dem nächsten Freischießen statt. Eingeladen sind dazu alle, die beim Schinkenkloppen mitgemacht haben und deren Frauen.


Die Schützengesellschaft besteht aus allen Mitwirkenden beim Historischen Freischießen. Sie wird jedesmal aufs Neue beim Losmachen gegründet. Ihre Aufgabe ist die Organisation und Durchführung des Freischießens. An ihrer Spitze steht der Kommandierende General. Nach Abschluß des Festes und dem Abrechnen löst sich die Schützengesellschaft wieder auf.


Der einzige Amtierende zwischen zwei Freischießen ist der Schützenkönig. Er wird am Montag unter den Offizieren ausgeschossen und erhält als Zeichen der Ehre die Schützenkette und ein Umschlagtuch. Nach der Proklamation des Königs wird ihm die Schützenscheibe unter Beteiligung der Bataillonskapelle und der diensthabenden Garde nach Hause gebracht und dort mit einer kleinen Vesper würdig gefeiert. Da der Schützenkönig der einzige Garant für das erneute Stattfinden eines Freischießens ist - er muß das nächste Freischießen einberufen - wird immer auch noch der Vizekönig ermittelt. Auch er erhält ein Tuch und tritt an die Stelle des Schützenkönigs, „sollte während der Zeit von einem Freyschießen bis zum Andern der Schützenkönig versterben, oder sich ein Vergehen zu schulden kommen lässt wofür er Kriminalstrafe erhält“, wie es in der Stiftungsurkunde der Schützenkette heißt.


Der Stabsarzt und sein Apotheker kümmern sich während des Festes um die körperliche Unversehrtheit der Truppe und der Gäste. Kleinere „Wehwehchen“ werden sofort mit spezieller „Medizin“ behandelt, die - nach jahrhundertealten überlieferten Rezepturen zusammengestellt - aus einer geheimnisvollen Flasche mit einem riesigen Löffel verabreicht wird. Schwerere Fälle werden ins Lazarett eingewiesen. An den Vormittagen macht der Stabsarzt auch Hausbesuche bei Stabsoffizieren und Wennigser Bürgern. Die dabei eingenommenen „Behandlungsgebühren“ kommen der Regimentskasse zugute.

Den Stabsarzt Dr. Colshorn stellte jahrzehntelang das mit derbem Mutterwitz behaftete Wennigser Original Nonnenkamp, genannt Mögebier, dar. Von ihm ist folgende Anekdote überliefert:

„Bäi dän Wennjesser Fraischeiten maake Mögebier jümmer den Stabsarzt Dr. Colshorn. Hei latt seck jümmer inner feinen Kutschen feuern. Säine Uniform harre seck ook seit ooler Teit nicht verännert. Hei drägt den Dreimasthelm mit ne witten un warten Fäern, sain Gehrock is mit veelen Orden behängt. Dä lange Säbel is öhne schon öfter term Verhängnis eworn. Wenn hei nämlich ett abends dä Parade mit affnamm, dann is hei ofte ober säinen langen Säbel estolpert und lag dann lang vor dä Front. Ass Doktor harre hei ja ook vell ter derne. Hei märt ook in Derpe veel Kranke ünnerseuken. So kam hei ook mal na den oolen Dokter Heinrich Läiker inner Sossener Straate. Hei namm säinen Pärknaaken und ünnersocht öhne. Ass hei damit fertig ist, pladdere öhne eierst van säinen sülmstemaketen Medezeen einen inn. Heinrich Läiker waa ook kein Speelverdarber un putze seck däne weg. Nuu froge na säiner Schuld. Da seggt Mögebier: „Herr Kollege, düu weißt doch, watt Taxe iss, eck kräige twintich Mark“. Da seggt Dr. Heinrich ob datt nich en bieten veel wöre. Da seggt Mögebier, „na Herr Kollege, wäi willt üsch doch nich giegensäitig dä  Präise verdarben.“


Am vierten Tag des Freischießen, dem Dienstag, wird der Volkskönig ausgeschossen. An dem Schießen auf die Volksscheibe können sich alle Wennigser Bürger mit Ausnahme der Stabsoffiziere beteiligen. Der Volkskönig erhält als Zeichen der Ehre die Volksscheibe. Sie wird ihm im Anschluß an die Proklamation durch die diensthabende Garde mit Musik nach Hause gebracht.

 Zusammengestellt von Linus Münch©  2002